Die Wurzeln


Geschichte des Vereins


Seesack Die Marinekameradschaft Bad Camberg e.V., Mitglied im Deutschen Marinebund, einem der großen maritimen Interessenverbände, feierte 2011 ihr 30-jähriges Bestehen. Im Jahre 1980 trafen sich zunächst als loser Stammtisch im Hause Pohl in der Parkstraße in Bad Camberg ehemalige Marineangehörige und Freunde der Seefahrt. Hierunter waren die Gründungsmitglieder Heinz Schaus und Hans Loh sowie die mittlerweile leider verstorbenen Willi Schwarz, Walter Schmidt und Wolfgang Leichthammer.

MK 1986 Ein Jahr später, 1981, wurde ein Verein, nämlich die Marinekameradschaft Bad Camberg gegründet. Diese Vereinigung trat dem Deutschen Marinebund als Dachverband bei, was sich in 2011 zum dreißigsten Male jährte. Der Gründungsvorsitzende und langjährige Ehrenvorsitzende hieß Walter Schmidt und war U-Bootfahrer auf U 181 unter Korvettenkapitän Wolfgang Lüth im Zweiten Weltkrieg.

20 Jahr Feier 2001 Höhepunkte im bisherigen Vereinsleben waren unter anderem die mehrfache Ausrichtung des Landesverbandstages des LV Hessen in Bad Camberg, sowie die Ausrichtung eines Konzertes mit dem Marinemusikcorps Ostsee. Die Marinekameradschaft unterhielt seit 1991 eine Patenschaft mit dem Doppelhüllen-Tankschiff „Dorsch“ der Reederei Karl Büttner. Mitglieder der MK durften auf unserem Patenschiff mitfahren- sogar bei der Werftprobefahrt 1991.
Anfang der 1980er Jahre fand ein internationales Bordtreffen von U 181 (Kapitän Wolfgang Lüth) in Bad Camberg im damaligen Vereinsheim, Haus Pohl statt, zu dem auch Teilnehmer der ehemaligen Kriegsgegner angereist waren.

Anfang der 2000er Jahre erfolgte die Eintragung im Vereinsregister beim Amtsgericht Limburg. Seinerzeit wurden regelmäßig Fahrten auf die BOOT nach Düsseldorf durchgeführt, sowie ein mehrtägiger Ausflug nach Laboe zur D.M.B. Gedenkstätte der auf See Gebliebenen.
Abschied vom Haus Pohl Regelmäßige Veranstaltungen der Marinekameradschaft Bad Camberg waren in der Vergangenheit die wiederkehrenden großen Schiffsmodellausstellungen im Freibad, oder die Teilnahme an Pokalschießen mit Kleinkaliber im Rahmen des Landesverbandes Hessen, wobei die MK Bad Camberg mehrfach sich des Pokalgewinnes berühmen durfte.
Seit 1990 beteiligt sich die Marinekameradschaft turnusmäßig an der sogenannten „großen Fastnacht“ in Bad Camberg mit dementsprechenden Wagenbauten und an den Umzügen. Letztlich ist die Marinekameradschaft aktive Mitgestalterin des Volkstrauertages, ausgerichtet vom Magistrat am Friedhof in gesellige Runde Bad Camberg jeweils im November mit anschließendem Fischessen. Hinzu treten, wie sicher in vielen Kameradschaften, Grillfeiern; Spalier-Stehen auf Hochzeiten oder bei Beerdigungen verstorbener Mitglieder, Tagesausflüge oder Weihnachtsfeiern. So fuhren wir 2011 und 2012 mit der Motorbarkasse MS Gaby, einem Oldtimer, auf dem Main.

Bis 2011 hatte die MK ihre Back im Haus Pohl. Der Schützenverein Bad Camberg gab uns danach bis Ende 2014 einen Unterschlupf.
Seit Ende 2014 haben wir unser eigenes Vereinsheim "Heimathafen" in der Frankfurter Straße 8a in Bad Camberg bezogen. Damit begann für den Verein eine neue Zeitrechnung. Wir sind nun das erste Mal selbst für unser "zu Hause" verantwortlich. Vereinsheim Heimathafen Die MK Bad Camberg hat derzeit 28 Mitglieder (Stand 24.02.2016).
Von unseren Mitgliedern waren 19 bei der Bundeswehr und 1 Mitglied bei der NVA/GST. Von den 19 Mitgliedern, die bei der Bundeswehr waren, waren 13 bei der Marine, 2 bei der Luftwaffe und 4 beim Heer. Von den 13 Mitgliedern, die auf fahrenden Einheiten waren, waren 4 auf Zerstörern (Lütjens, Holstein, Bayern u. Hessen), 1 Schulschiff Deutschland, 1 Tenderfahrer (Rhein), 1 Schnellboot, 3 Minenjagdboot bzw. Bi-Mi-Fahrer und 1 Fregatte Karlsruhe. Die übrigen beiden - beide Marinezahnärzte - waren auf verscheidenen Einheiten eingeschifft. Damit haben wir eine Quote von fast 50% „ehemaligen Marinern“. Die Wahrheit ist allerdings auch, das es unsere Kameraden von der Luftwaffe und insbesondere vom Heer sind, die in unserer MK die Arbeit schultern.

Dieser „Zensus“ soll die Vielfalt und den Pluralismus in unseren Reihen dokumentieren. Nicht wenige von uns, die vielleicht nicht bei der Marine waren, haben aber dennoch die Sportbootscheine Binnen und/oder See absolviert. Gleichwohl dürfen wir nicht aus dem Auge lassen, wo unsere Wurzeln herkommen und was wir sind. Unser ehemaliger Ehrenvorsitzender Kam. Walter Schmidt, den einige noch gekannt haben, hätte jetzt gesagt „ Es ist das blaue Tuch, das uns verbindet …“.


Camberg, Geburtshelfer der Deutschen Marine ?


„Der Kieler Hafen und der Jadehafen sind Reichskriegshäfen.“ So lautete Art. 53 Abs.1 Satz 3 der Bismarckschen Reichsverfassung von 1871. Heute wäre es unvorstellbar, in der Verfassung, also in unserem Grundgesetz, zu regeln, wo die Marine ihre Stützpunkte unterhält. Die Tatsache, dass die Marine seinerzeit in Art. 53 der Reichsverfassung eine eigene Regelung erfahren hat, zeigt den seinerzeitigen Stellenwert der Marine, die nicht zu unrecht „des Kaisers liebstes Kind“ genannt worden ist.
Kaiser Wilhelm II. auf der SMS Geier

© Bundesarchiv, Bild 134-B2651 / CC-BY-SA 3.0

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Deutschland eine bis dato ungekannte Marine-Euphorie.
Nur am Rande sei angemerkt, dass mit dem oben zitierten Jadehafen die heutige Stadt Wilhelmshaven gemeint ist, die aus den ehemaligen Fischerdörfern Bant, Heppens und Neuende entstanden war, also dort auf „Allerhöchste Kabinetts-Order“ der Befehl zur Anlage eines „Marine Etablissements“ ergangen war. Es war das Jahr 1856, als mit den Bau des ersten Hafenabschnittes dort an der Jade begonnen wurde. Die Marine war es dem Reich wert, auf der grünen Wiese an der Jade einen Kriegshafen und in diesem Zusammenhang eine neue Stadt entstehen zu lassen.

Doch es war noch etwas hin, bis Kaiser Wilhelm II seinen markigen Ausspruch: „Deutschlands Zukunft liegt auf dem Wasser!“ tätigen konnte. Denn unmittelbar nach der Reichsgründung 1871 war es um die nun einheitliche Deutsche Marine nicht gerade bestens bestellt.

Erst die Idee einer Weltmachtstellung Deutschlands ließ die Überzeugung reifen, Deutschland brauche – wie England – ebenfalls eine starke Flotte.

Diese Überlegungen wurden umgesetzt unter anderem in den sog. Flottengesetzen. Motor hierfür war Alfred von Tirpitz, Staatssekretär im Reichsmarineamt. Er war Mitbegründer des sog. Deutschen Flottenvereins, welcher dazu beitrug, dass eine Marinebegeisterung in der Bevölkerung entfacht wurde, um erhebliche Etatgelder vom Reichstag zum Aufbau einer Flotte bewilligt zu bekommen.

Lieber Turm Bad Camberg In der gleichen Zeit hatte der überregional bekannte Camberger Bürger Dr. Ernst Lieber, Sproß einer traditionsreichen Camberger Familie, einen Sitz im Berliner Reichstag für die Zentrumsfraktion inne. Es habe sich bei seiner Person um „die rhetorisch auffallendste Person in der Zentrumspartei gehandelt.“ ( So ein Beitrag über sein Lebenswerk in der Camberger Chronik von 1981, Verf. W. Lottermann I )
Dr. Lieber war mit 32 Jahren einer der drei jüngsten Abgeordneten des I. Deutschen Reichstages, er war nicht nur Jurist, sondern sogar Doktor der Rechte, er war entschiedener Katholik und nicht nur deshalb erbitterter Gegner Bismarcks.
In der Frage der Flottenrüstung jedoch soll er, so zumindest die Quellen, ein Befürworter der Flottengesetze gewesen sein. Ob Dr. Lieber schon immer ein Befürworter in diesen Punkten war, kann hier nicht festgestellt werden, jedenfalls änderte sich seine Haltung nach Bismarcks Abgang 1890 in verschiedenen Punkten. Seiner politischen Grundeinstellung ist er jedoch stets treu geblieben. Darüber hinaus war ihm nach 1892 die Führung der Zentrumspartei zugefallen, was sicherlich eine gewisse Kompromißbereitschaft innerhalb der Partei zwingend erforderte.
Jedenfalls soll er als Führer der Zentrumspartei für die Verabschiedung der Flottengesetze eingetreten sein.
In den eigenen Reihen innerhalb der Zentrumsfraktion waren seinerzeit offenbar unschlüssige Mitglieder, bzw. Gegner dieser Flottenbaugesetzesvorhaben vorhanden. Dr. Lieber soll – so die Erzählung - einige dieser Abgeordneten nach Camberg eingeladen haben, um - abseits des hektischen Berlins - in Ruhe und Besonnenheit das Für und Wider der Flottengesetze zu besprechen. Geschickt wählte Dr. Lieber sein Heimatstädtchen Camberg. Der Ort des damaligen Treffens wird heute angegeben mit dem Studierzimmer des sog. „Lieberischen Turmes“.
Dieser, für Mariner besonders geschichtsträchtige Ort befindet sich am Rande des Kurparks auf dem Privatgelände der Camberger Familie Lieber. Dort steht noch heute der sog. Lieberische Turm. Er ist zu sehen, wenn man den Kurpark an der Ecke Mauergasse betritt.
Ein wenig versteckt und von großen Bäumen, die sein Dach überlagern, steht er dort. Der Lieberische Turm stach vor einigen Jahren noch aus dem Camberger Stadtbild heraus, weil er zuvor einen hohen gotischen Spitzhelm als Dach besaß. Erst seit der Zeit des Umbaues überragen ihn die großen Bäume des Kurparks.

Ernst Lieber versammelte demnach im Studierzimmer dieses Turmes einige noch unentschlossenen Fraktionskollegen der Zentrumspartei. Bei einer - oder sicherlich mehreren - guten Flaschen Wein, vielleicht auch bei dem damals in Camberg selbst noch gebrauten Bier, sollten diese in gemütlicher Runde umgestimmt und zur Unterstützung des Flottenaufbauprogrammes im Berliner Reichstag bewegt werden.

Dass es den Herren Reichstagsabgeordneten in Camberg gut gefallen hat, scheint erwiesen: Die Gesetze zum Aufbau einer Hochseeflotte wurden auch von der Zentrumsfraktion unterstützt und bekamen eine Mehrheit im Reichstag.

Was will uns das lehren? Zum einen, dass man in Camberg vorzüglich bewirtet und verköstigt werden kann und dabei, sollte es notwendig sein, Geschäftspartner, Kollegen und Verhandlungspartner in dieser einzigartigen Atmosphäre, die Camberg und der Goldene Grund bietet, umstimmen kann. Vielleicht.

Es soll uns aber auch sagen, dass hier, in Camberg, hunderte Kilometer von der Küste entfernt und als einzige Wasserstraße lediglich den Emsbach vorOrt, der Grundstein zur Deutschen Flotte gelegt wurde. Zumindest möchten wir, die Bad Camberger Marinekameraden, dies uns so vor Augen halten, wenn wir nach den Bordabenden oder Stammtischen in unserem Vereinsheim Haus Pohl durch den Kurpark nach Hause gehen und zum Studierzimmer am Turm der Familie Lieber hochblicken ...

© Matthias Steinhart